Fahrradtransport in den Fernzügen der Bahn - ein Erfahrungsbericht - WILDHOOD store

Fahrradtransport in den Fernzügen der Bahn - ein Erfahrungsbericht

Der Sommer steht - wenn auch zögerlich - in den Startlöchern und wir spüren den Drang Pläne zu schmieden und Reisen zu planen. Entfernte Ziele lassen sich am nachhaltigstem mit dem Zug erreichen und wie wir alle wissen, gibt es  beim Fahrradtransport, gerade in den Fernzügen der Bahn, einiges zu beachten und im voraus zu planen, wenn wir entspannt reisen wollen. Wir lieben die Zugreise! Sehr schön bringt es Cindy Ruch in ihrem Buch auf den Punkt

Reisehandbuch, Europa mit dem Zug von Reisedepeschen

Ich liebe den Moment, wenn der Zug losfährt. Ab da muss ich nichts mehr machen außer unterwegs zu sein. Meine Tasche ist gepackt, das Ziel gewählt, die Reise beginnt. Ich blicke aus dem Fenster, auf das Stadtzentrum, die Vororte, die Wälder. Schaue hinaus, bis das Fremde das Bekannte ablöst. Schaue, lese, döse.

So geht es uns auch oft. Die Reise, vor allem mit dem Nachtzug, wirkt aus der Zeit gefallen. Der Zug fährt langsam, fährt Umwege, bleibt stehen, wird mit anderen gekoppelt und rollt weiter. Die Reise wird nicht zur Verbindung von zwei Punkten sondern zum Weg. Du überquerst Grenzen, Zollbeamte laufen mit Taschenlampen durch die Abteile, fremde Sprachen dringen durch die Türen.

Irgendwann ist es egal wie viel Zeit zwischen Abfahrt und Ankunft liegt. Selbst wenn ich gar nichts mache, ich komme voran.

Wir hatten es uns auf den letzten Radtouren in den Alpen dieses Jahres zur Aufgabe gemacht, ausschließlich mit der Bahn zu reisen und haben durchweg positive Erfahrungen gemacht, an denen wir Euch teilhaben lassen wollen. Eine reichliche Zusammenfassung der Thematik gibt es auch bei unseren Freunden von Globetrotter.

Zeit einplanen, Umsteigezeiten anpassen

Egal wie Du Dein Fahrrad transportierst, es bedeutet meist, dass Umsteigezeiten nicht ganz so flott eingehalten werden können, wie Du es mit Handgepäck gewohnt bist und wie es der DB-Navigator vorschlägt. Züge (gerade die Deutschen) können schnell Verspätungen haben, Bahnsteige können übervoll sein, wo Du nicht so schnell mit einem bepackten Fahrrad vorankommst oder Dein Fahrrad steht ganz hinten und Du mußt warten, bis sich alle vor Dir aus dem sparsam bemessenem Fahrradabteil eines ICE gefädelt haben. Ein verpasster Zug stört Dich vielleicht nicht so sehr, ärgerlich ist es allerdings, wenn damit Zugbindungen und Reservierungen von Fahrradstellplätzen verloren gehen. Auf Fernverkehrszügen sind diese natürlich unabdingbar, Fahrradstellplätze sind rar und meist langfristig ausgebucht (ein ICE bietet nicht mehr als 8! Fahrradstellplätze). Bei den Fernzügen der ÖBB sind es mehr Plätze, hier werden die Fahrräder meist in einem Gepäckwaggon transportiert, wo Du sie vom Bahnsteig anreichst und sie für Dich verstaut werden.

Kosten niedrig halten

Um die Kosten einer längeren Zugreise mit Fahrradtransport überschaubar zu halten, solltest Du natürlich so früh wie möglich buchen, aktuelle Ferienzeiten im Blick halten und möglichst Stoßzeiten wie Freitage und Sonntage meiden. Natürlich beachtest Du auch die Sparpreise (stornierbar) und die Super-Sparpreise (nicht stornierbar) der Deutschen Bahn. Meist lohnt sich auch schon die Investition in eine Probe-BahnCard für nur eine längere Fahrt. Die Fahrradmitnahme innerhalb Deutschlands kann mittlerweile sogar per App (die beta Version Next DB Navigator, sei hier empfohlen) gebucht werden, für Auslandsfahrten ist aber eine Buchung immer noch nicht online möglich, sondern muss direkt im Reisezentrum gebucht werden. Uns haben hier schon die Bahnagenturen in Berlin treue Dienste erwiesen, die hier wärmstens empfohlen seien: Bahnagentur Schöneberg oder die Bahnspezialisten von Titanic. Tickets können für die gleichen Züge auch günstiger sein, wenn online direkt über die Seiten der ÖBB, SBB, SNCF oder TrenItalia gebucht werden.

Routenplanung

Bei meiner Anfahrt zur Turin-Nizza-Rallye 2022 habe ich lange überlegt, wie ich anreise. Gerade bei langen Strecken (Fahrzeit ca. 1 Tag) solltest Du überlegen, wie Deine Tour verläuft: Du sitzt einen Tag im Zug und musst Dir meist abends spät noch eine Unterkunft in der Stadt suchen (meist teurer als im Zelt oder Dorf). Günstiger wäre es, die Route so zu legen, dass Du mit dem Nachtzug anreist: so gewinnst Du meist Zeit, da Du morgens ankommst und direkt losradeln kannst. Ich hatte es so gemacht, dass ich die Bahntickets von Berlin bis Milano-Centrale durchgebucht hatte (ICE Berlin-München, NightJet München-Milano) und mir die italienischen Regional Tickets bei TrenItalia direkt vor Ort besorgt habe. Denn hier wußte ich bereits, ob ich resultierende Verspätungen aus der langen Fahrt über die Alpen hatte und konnte darauf reagieren. Außerdem konnte ich direkt vor Ort besser die Möglichkeiten des Fahrradtransportes eruieren. Der Rückweg lief genauso: ab Nizza mit dem TER Regionalzug der SNCF bis zum Grenzübergang in Ventimiglia und weiter bis Milano, wo ich in den bereits vorgebuchten Nachtzug über die Alpen einsteigen konnte.

Fahrradmitnahme ohne reservierten Stellplatz?

Leider hatte ich bei kurzfristig gebuchten Tickets oft nicht das Glück einen der Fahrradstellplätze zu ergattern. Zudem ist es im Nachtzug offiziell nicht zugelassen ein Fahrrad mitzuführen. Ist das Fahrrad allerdings so weit zerlegt und verpackt, dass es als Gepäckstück gilt und nicht mehr als Fahrrad, ist es unproblematisch. Dafür hatte ich mir eine sehr klein verpackbare Fahrradtransporttasche (Fachsprech Rinko Bag) besorgt, wo ein Rennrad mit demontiertem Vorderrad geschützt transportiert werden kann. Ich habe es noch weiter perfektioniert und beide Räder demontiert und den Lenker gedreht, et voila: in der Tasche war noch genügend Platz für meine Packtaschen. Diese Tasche läßt sich natürlich bescheiden tragen, aber ein Wechsel der Bahnsteige ist damit durchaus machbar. Vorteil der Tasche war, dass sie ein so kleines Packmaß hatte, dass ich sie problemlos in einer Packtasche auf der Tour mitnehmen konnte (von Turin nach Nizza), so dass ich in Nizza angekommen wieder mein von Abenteuern verstaubtes Rad für den Bahntransport demontieren und darin verpacken konnte.

Ehrlicherweise muß ich natürlich zugeben, dass sich ein montiertes Fahrrad wesentlich komfortabler transportieren läßt. Aber in der Tasche ging es auch ohne Reservierung und war somit günstiger. Im ICE hatte ich mir einen Sitzplatz direkt neben dem Fahrradabteil gebucht, somit konnte ich die Fahrradtasche noch im Fahrradabteil stehen lassen. Das Paket hätte aber auch in die Kofferablage oder zwischen die back-to-back Sitze gepasst.

Im ÖBB NightJet ist die Mitnahme generell untersagt. Und es darf auch nur so viel Gepäck transportiert werden, wie im Abteil untergebracht werden kann. Wer es kennt, weiß natürlich, dass in einem 6er Abteil kaum Platz für das Gepäck von 6 Personen ist. In einer Tasche verpackte Fahrräder hatte ich auch bei weiteren Fahrgästen gesehen, diese hatten entweder ein ganzes Abteil gebucht, um mehr Stauraum zu haben, oder ein freundliches Gespräch mit dem Begleitpersonal geführt, ob es möglich wäre, das Paket im Flur stehen zu lassen (eigentlich untersagt, weil Fluchtweg). Diese Variante funktionierte bei mir ohne Probleme, allerdings - muss ich ehrlich sagen - hängt es von der Laune der Zugbegleitung ab.

Des weiteren solltest Du die Fahrradmitnahme als Handgepäck trotzdem vorher prüfen. Der beliebte Eurocity von München nach Italien (via Brenner) war auch im Oktober noch sehr gut ausgelastet. Hier ist die Mitnahme eines Fahrrades ohne reservierten Stellplatz auch als Handgepäck untersagt.

Funfact: so sieht es aus, wenn der falsche ICE von der Bahn bereitgestellt wird. Nur die neueren Zugtypen haben ein Fahrradabteil. Die Älteren nicht. Die Zugbegleitung ist aber angehalten, alle Abteile im ersten Waggon zu blockieren, so dass dort die Fahrräder abgestellt werden können. Bei acht Fahrrädern, heißt das: 4 blockierte Abteile mit dementsprechend übelgelaunten Fahrgästen, die sich trotz reserviertem Sitzplatz im Abteil eine Alternative im Zug suchen müssen.

weitere hilfreiche Seiten:
www.bahn.guru der Bahn-Preiskalender
www.allaboard.eu Planung von Mehrtages-Reisen mit der Bahn
um die verschiedenen Streckenverläufe bei längeren Bahnreisen zu sehen, bietet es sich an, im google Routenplaner öffentliche Verkehrsmittel zu aktivieren

Wer mehr Inspiration zum Thema Zugreisen in Europa und weltweit sucht, findet eine feine Auswahl in unseren Bücherregalen, unter anderem
Reisehandbuch, Europa mit dem Zug, von Cindy Ruch
Legendäre Zugreisen, Lonely Planet
Zugvögel, Reisen mit der Eisenbahn, von Monisha Rajesh
In 80 Zügen um die Welt, von Monisha Rajesh
Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen, von Jaroslav Rudiš
Von Moskau nach Wladiwostock, Reise mit der transibirischen Eisenbahn

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